Bitcoin vs. Gold: Ein Interview mit Bitcoin-Kritiker Peter Schiff

Lukas Fiedler

30.10.2023 13:23

Peter Schiff setzt auf der Blockchance BühneQuelle: Blockchance

Kein Bitcoin-Kritiker ist so bekannt wie Peter Schiff. Der amerikanische Ökonom, der unter anderem die Finanzkrise vorhersagte und ein eigenes Internetradio besitzt, ist quasi das Gegenstück zu Michael Saylor, der mit seiner Firma Micro Strategy tausende Bitcoin gekauft hat.

Kein Wunder also, dass die Panel Diskussion zwischen Peter Schiff, Nick Patel (CEO der Gold-Tokenisierungsfirma Clinq.Gold) und Olga Feldmeier (CEO der Börse Smart Valor) das Highlight der dreitägigen Blockchance-Konferenz in Hamburg war. Die Positionen sind von Anfang an klar: Schiff verweigert Bitcoin jeglichen Nutzen, Olga Feldmeier argumentiert dagegen und Nick Patel kann beide Seiten verstehen. Letztlich ist es ein ungleicher Kampf, denn Olga Feldmeier garantiert einen zukünftigen Bullenmarkt mit vergangenen Bullenmärkten – ein Umstand, über den Peter Schiff nur schmunzeln kann. Doch auch das Publikum leistet sich einen emotionalen Schlagabtausch mit dem Gold-Befürworter. Ein Umstand, der leider zeigt, dass viele den Unterschied zwischen Store of Value und Wert an sich nicht verstanden haben. Und wenn Peter Schiff behauptet, Bitcoin kein geeigneter Wertspeicher im Vergleich zu Gold ist, könnte er durchaus Recht haben.

Warum? Hier hilft Wikipedia mit der Definition von „Store of value“ weiter: „A store of value is any commodity or asset that would normally retain purchasing power into the future and is the function of the asset that can be saved, retrieved and exchanged at a later time, and be predictably useful when retrieved.“ Es geht also eigentlich um einen Vergleich von zwei Assets, zum Beispiel Bitcoin und Gold. Es geht um die Frage, welches der Assets im Vergleich die höhere Wahrscheinlichkeit hat, auf einen sehr langen Zeitraum in die Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit möglichst genau seine Kaufkraft zu behalten. Vor diesem Hintergrund ist Gold im Vergleich zu Bitcoin zu bevorzugen, denn es hat sich seinen Stand in der Welt über hunderte von Jahren erarbeitet.

Aber wie tickt Peter Schiff genau? Zusammen mit BeInCrypto hatte das Blockmagazin die Gelegenheit Schiff vor seinem Auftritt eine Stunde lang zu interviewen.

Peter Schiff und Fabian FriedrichQuelle: Blockchance
Peter Schiff und Fabian Friedrich im Kongresszentrum in Hamburg.

Anmerkung: Das Interview wurde aus dem Englischen übersetzt und zur besseren Lesbarkeit editiert.

Lukas Fiedler: Herr Schiff, lassen sie uns mit der wirtschaftlichen Ausgangslage starten. Ende 2008 erwähnten Sie in Wall Street Unspun, dass ein Aufschieben einer Finanzkrise negative Auswirkungen haben und zu einer Hyperinflation führen könnte. Wir sind jetzt an einem Punkt mit hoher Inflation, zumindest in Deutschland, angelangt – und auch in den USA gab es im letzten Jahr zwei Quartale lang eine technische Finanzrezession. Dazu steht eine riesige Zahl im Raum: 32 Billionen US-Dollar Schulden. Ist das die Hyperinflation, von der sie sprachen?

Peter Schiff: Das ist natürlich schon lange her. Wenn wir zurück in das Jahr 2008 gehen, habe ich diese Beobachtung gemacht – und ich stehe noch immer dazu. Aber ich denke wir sind heute noch nicht so weit, um von einer Hyperinflation zu sprechen. Die Hyperinflation wäre das ultimative Katastrophenszenario für eine Währung. Aber wenn wir auf dem jetzigen Weg bleiben und nicht von ihm abweichen, dann ist die Hyperinflation quasi vorprogrammiert. Die Frage ist: An welchem Punkt werden die politischen Entscheidungsträger erkennen, dass sie dieser zu nahekommen und daraufhin den Kurs ändern. Natürlich wird dieser Kurswechsel politisch und wirtschaftlich äußerst schmerzhaft sein – doch er wird noch schmerzhafter, je länger sie damit warten. Je länger gewartet wird, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sie sich für diesen Weg entscheiden. Es kann also sein, dass wir auf dem Weg in die Hyperinflation bleiben, bis sie tatsächlich eintritt.

Lukas Fiedler: Klingt nach menschlichem Verhalten und Politik.

Peter Schiff: Genau. Aber es ist nicht so als würden wir vor einem Ultimatum stehen – das ist ja nicht die einzige Möglichkeit und es betrifft auch nicht unbedingt die ganze Welt. Es gab einige Länder, die sich klar gegen den Strom positioniert haben und einen anderen Weg eingeschlagen haben.

Aber ja: Bei der Bekämpfung der Hyperinflation hätte ich schon vor dem Jahr 2008 gedacht, dass insbesondere die Bundesbank Deutschland nicht tatenlos zusehen würde. Insbesondere nach den Versuchen, die Inflation jahrelang in Schach zu halten und der Geldentwertung in der Weimarer Republik. Was ich auch nicht verstehe ist, warum eine Inflation von 2% gefordert wurde. 1 % wäre ein geringerer Anstieg der Lebenshaltungskosten – wenn man Preisstabilität will, ist ein Anstieg von 1 % deutlich sinnvoller. Und die Hybris von Draghi, zu denken, dass sie den Zinssatz nach oben korrigieren könnten. Selbst als er bei 1,6 % lag, sagten sie: „Nein, das ist nicht nahe genug an 2 %.“ Als ob sie versuchen würden, 1,99 % zu erreichen. Und Draghi hat auf seinen Pressekonferenzen sogar gesagt, er wolle eine Inflation nahe an, aber unter 2 %. Um genau zu sein, wollte er 1,99 % erreichen.

Aber was passiert, wenn man über das Ziel hinausschießt? Was passiert bei 5 % oder 10 %? Die Inflation ist momentan weit über 2%! Und wie lange wird sie über 2 % bleiben? Verantwortlich werden dafür COVID oder Engpässe in der Supply-Chain gemacht – denn schließlich sitzen alle Länder im gleichen Boot, es muss also natürlich eine generelle Ursache geben. Das Problem wird nicht verschwinden, denn die Inflation ist nicht über Nacht entstanden. Sie ist das Ergebnis von 10-20 Jahren Geld drucken – wie lange waren die Zinssätze null oder negativ?



Antonio Lukic: Und das System ist sozusagen dafür prädestiniert?

Peter Schiff: Es dauerte eine Weile, bis die Inflation in Gang kam und sich im System aufbaute. Es war eine Art indirekter Prozess, denn ein großer Teil des Geldes floss zuerst über den Finanzmarkt – in den Aktien-, Anleihe- und Immobilienmarkt. Erst dann fand die Inflation ihren Weg zu den Konsumgütern.

Hätten die Zentralbanken in dieser Zeit nicht diese Politik verfolgt und die Zinssätze viel höher gehalten, wären die Kosten der Defizitausgaben viel höher gewesen. Der Druck auf die Eurozone wäre sehr groß gewesen. Viele Länder hätten ihre Staatsausgaben kürzen müssen, weil die Kosten für die Finanzierung ihrer Schulden ohne das Ankaufprogramm der EZB unerschwinglich gewesen wären. Es hätte also einige Marktkräfte gegeben, die das Wachstum der Staaten in Europa gebremst hätten. Aber die EZB konnte den Regierungen unter dem Vorwand, es gäbe nicht genug Inflation, entgegenkommen und sie davon abhalten, den Wählern zu sagen, dass sie die Ausgaben kürzen oder die Steuern erhöhen müssen – also drucken wir einfach Geld. Die Frage ist nun, wann die Zentralbanker zugeben werden, dass die Inflation niemals auf 2 % zurückgehen wird und wir damit leben müssen. (dass, dass) Um die Inflationsrate wieder zu senken, müssten die Staatsausgaben erheblich verteuert werden. Natürlich ist das jetzt deutlich schwieriger, als vor fünf oder zehn Jahren. Allerdings weiß ich nicht so viel über die Art und Weise, wie die Europäische Union ihre Inflationswerte berechnet. In den USA muss so ziemlich alles verdoppeln werden, was die Regierung mit dem Verbraucherpreisindex angibt, um ein realistischeres Bild der Preise zu erhalten. Wenn die Regierung sagt, es sind einundeinhalb, dann sind es eigentlich drei Prozent Inflation.

Ich habe das Gefühl, dass in all den Jahren, in denen die EZB behauptete, die Inflation läge unter 2 %, sie wahrscheinlich über 2 % lag, wenn sie eine genauere Methode zur Messung gehabt hätte. Das, was mit den Preisen passiert, ist ja auch nur die Folge der Inflation. Die Inflation selbst ist die Ausweitung der Geldmenge – das taten die Zentralbanken. Natürlich wirkt sich das früher oder später auf die Preise aus.

Was die Menschen allerdings auch nicht bedenken: Das steht alles in einem Verhältnis! Wenn ich anbiete, die Löhne zu erhöhen, dafür aber auch die Preise, habe ich am Ende auch nichts davon, oder? Es müssten also die Preise mehr sinken als die Löhne. Oder die Löhne mehr steigen als die Preise.

Antonio Lukic: Die Linie geht nach oben – das ist bei Krypto dasselbe, oder? Der Kurs steigt, genau wie bei Kryptowährungen. Es gibt keinen Abwärtstrend. Wir müssen sie aufblasen, damit der Preis immer weiter steigt.

Peter Schiff: Nun – das liegt daran, dass es ein Schneeballsystem ist. Wenn der Preis nicht mehr steigt, gibt es keinen Grund, zu kaufen. Und wenn es keinen Grund gibt, zu kaufen, stürzt der Preis ab. Also überzeugt man die Leute davon, dass der Preis weiter steigen wird. Jeder, der Krypto kauft, muss also sofort andere ebenfalls dazu animieren. Es ist wie eine Art modernes Multi-Level-Marketing.

Antonio Lukic: Lassen Sie uns nun zum Investitionsteil übergehen: Sie sind ein großer Befürworter von Gold. Welche Eigenschaften haben Bitcoin und Gold gemein? Und warum vertreten Sie die Meinung, dass Bitcoin keine gute Investition ist?

Peter Schiff: Zunächst einmal betrachte ich Gold nicht als Investition. Ich betrachte Gold als Liquidität – als Wertespeicher. Von einer Investition hingegen erwarte ich Rendite: Immobilien geben Mieteinnahmen, Aktien geben Dividenden und Anleihen geben Zinsen. Gold gibt nichts. Es kann sogar Geld kosten – Lagerkosten beispielsweise. Wir sprechen hier also nicht von einer Investition. Gold als Wertbewahrung ergibt vor allem dann Sinn, wenn es um einen langfristigen Zeithorizont geht und ich Geld über Jahre hinweg liquide halten möchte. Natürlich gibt es auch hier Schwankungen – der Goldpreis fällt und sinkt. Im Durchschnitt jedoch hält Gold seinen Wert. Und je länger die Zeitspanne ist, desto besser wird sich Gold, verglichen mit einer Währung entwickeln und – das ist kein unwesentlicher Punkt – Gold wird nicht auf null sinken, wie es eine Währung theoretisch könnte. Es ist auch keine Ware – es nutzt sich nicht ab, es verrottet nicht. Ich muss es also nicht innerhalb einer bestimmten Zeit verbrauchen.

Der Punkt, der Gold von Bitcoin unterscheidet ist die Relevanz. Ja, beides sind knappe Güter. Jedoch nützt das nichts, wenn ein Wert keine Verwendung hat. Gold wird in der Medizin, Schmuckherstellungs sowie der Luft- und Raumfahrt verwendet, denn Gold verfügt über einzigartige Eigenschaften. Bitcoin jedoch ist mit einer Reihe von Token vergleichbar. Hinter Bitcoin steht kein Alleinstellungsmerkmal und keine Nachfrage. Nur eine Limitation: Es gibt 21 Millionen Bitcoin. Aber ist Bitcoin dadurch wirklich knapp? Gold lässt sich in Atome zerlegen. Aber diese Atome sind nicht wertvoll. Gold wird dann wertvoll, wenn man eine relevante Menge davon besitzt, sodass man es beispielsweise weiterverarbeiten kann. Die kleinste Einheit von Bitcoin sind Satoshis. Auch sie kann man besitzen und tauschen. Man muss also keinen ganzen Bitcoin besitzen, um mit der Währung handeln zu können. Daher betrachte ich Bitcoin nicht wirklich als knappes Gut.

Antonio Lukic: Vor kurzem hat Blackrock als größter Vermögensverwalter der Welt einen als Verfechter der Österreichischen Schule: Würden Sie also nicht sagen, dass der freie Markt über die Nachfrage und den Preis entscheiden sollte?

Peter Schiff: Ich sage nicht, dass Bitcoin verboten werden sollte. Menschen können jegliche dumme Dinge mit ihrem Geld tun – das ist Teil des freien Marktes. Jedoch ändert das alles nichts am Anwendungsfall.

Momentan ähnelt das Bitcoin Ökosystem der Glücksspielbranche. Es werden Casinos aufgebaut, weil die Leute mit Bitcoin spielen wollen. Solange die Nachfrage da ist, wird sie auch bedient. Casinos nehmen eine Gebühr, die Spieler verlieren also kollektiv Geld. Einige mehr, andere weniger. Aber Geld verlieren tun sie alle. Ähnlich ist es mit Bitcoin. Ich kann kein Geld mit Bitcoin verdienen, wenn es jemand anderes nicht verliert. Jemand muss meinen Bitcoin kaufen. So funktioniert das. Aber in diesem Prozess gibt es die Miner, die Geld abziehen, es gibt die Börsen – diese Faktoren sind wie die Casinos, die ihren Satz nehmen. An irgendeinem Punkt hören die Verlierer auf zu spielen – und das war's dann. Es sei denn, man kommt mit anderen Anwendungsfällen. So wie bei meine Ordinals – man kann sie auf einer Börse kaufen. Sie sind nummeriert, signiert und limitiert auf 50 Stück. Dann gibt es tatsächlich etwas, wofür Bitcoin verwendet werden kann. Für mich persönlich jedoch macht das Bitcoin nicht wertvoll, denn man braucht eine breit akzeptierte Verwendung. Ich würde gern mit Michael Saylor diskutieren – er sagt die lächerlichsten Dinge über Bitcoin, wie etwa, dass es das größte Gut in der Weltgeschichte wäre, quasi wie Energie.

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Antonio Lukic: Ihre Ordinals sind offensichtlich kein Zeichen dafür, dass Sie Bitcoin ein wenig wohl gesonnen sind, oder?

Peter Schiff: Nein. Ich habe sie gewissermaßen mit dem Finger darauf gestoßen – denn was ich geschaffen habe, war ein Bild von Gold. Jetzt sagen die Leute „Oh, das ist digitales Gold“. Denn so wird Bitcoin in der Öffentlichkeit dargestellt – wie eine Goldmünze. Obwohl es das definitiv nicht ist. Keine Münze. Keine Farbe und keine Substanz.

Ich komme bei diesem Thema dann gern mit der Frage: „Wie wäre es, wenn Sie von nun an nur noch digitale Lebensmittel essen würden?“ Ich kann meinen Avatar in einer Villa leben lassen, aber ich selbst kann es nicht. Vielleicht können in Zukunft Computer meine Neuronen, meine sensorische und motorische Wahrnehmung künstlich aktivieren. So kann ich in meiner 1-Zimmerwohnung sitzen und das Gefühl haben, ich bewohne eine riesige Villa.

Antonio Lukic: Kommen wir jetzt einmal zur Blockchain-Technologie: Aktuell werden Technologien auf der Blockchain aufgebaut und basieren auf Smart Contracts – was sind aus Ihrer Sicht die größten Vorteile von der Dezentralisierung? Oder einfacher gesagt: Glauben Sie, dass Blockchain als Technologie per se Potenzial und Teile der Wirtschaft revolutionieren kann?

Peter Schiff: Ich habe noch keine wirklich disruptiven Krypto- oder Blockchain-Anwendungsfälle in der Gesellschaft, in der Industrie oder im Handel gesehen. Das heißt aber nicht, dass das Potenzial nicht vorhanden ist. Im Moment liegt der Fokus auf Tokens, die die Blockchain nutzen. Ich denke, das könnte einer der Gründe dafür sein, dass wir noch nichts Substantielles gesehen haben, weil es einfach ist etwas aus dem Nichts zu erschaffen und die Leute dazu zu bringen, sie zu kaufen. Im Gegensatz dazu hat KI in kürzester Zeit immense Auswirkungen auf Unternehmen, Einzelpersonen und unsere gesamte Gesellschaft und die Produktivität wird durch den Einsatz von KI steigen. Von etwas vergleichbaren habe ich im Blockchain-bereich bislang nichts gesehen. Einige wurden reich, andere verloren Geld. Ein Transfer. Ich denke, diejenigen, die ihr Geld verloren haben, sind vor allem diejenigen, die zu Corona-Zeiten Bitcoin kauften – zu der Zeit stand er auf 60.000. Heute ist Bitcoin noch die Hälfte wert.

Lukas Fiedler: Sie sagten, dass Gold einen industriellen Anwendungsfall besitzt. Wie viel des heutigen Preises ist auf diesen Verwendungszweck zurückzuführen und wie viel davon ist reine Spekulation?

Peter Schiff: Edelmetalle haben ihren Wert aus einem bestimmten Grund. Angenommen, jede Privatperson würde jetzt sein Gold verkaufen wollen – der Preis würde sinken. Um wie viel weiß man nicht. Wenn der Goldpreis sinkt, würde die Industrie mehr Gold ankaufen, um es zur Weiterverwendung zu nutzen. Hier entsteht also eine Nachfrage, denn Gold als Edelmetall wird in der Industrie immer gebraucht werden – heute und in zehn Jahren. Und es ist gut lagerfähig. Wo sich der Preis dann letztendlich einpendeln würde, ist schwer zu sagen. Gold ist wertvoll, weil es einen Nutzen hat. Dabei geht es nicht darum, ob ich ihm einen Wert andichte. Bei Bitcoin sehe ich das anders. Dabei geht es darum, dass Menschen einer Währung ohne Wert einen Wert zuschreiben. Alles hat einen Preis und alles hat einen Wert – doch das ist nicht dasselbe. Der Markt kann einen hohen Preis für etwas verlangen, das keinen Wert hat. Es geht nur um Angebot und Nachfrage. Eines der berühmten Zitate von Warren Buffett lautet: „Preis ist das, was man bezahlt. Wert ist das, was man bekommt.“

Antonio Lukic: Glauben Sie, dass all diese Vermögensverwalter und Banken nur in dem Glauben einsteigen, Geld damit verdienen zu können?

Peter Schiff: Ja, natürlich! Investmentbanken wollen Geld verdienen. Wie verdienen sie Geld? Durch Wetten auf dem Aktien- und Anleihemarkt. Sie dienen als Vermittler und erbringen dabei eine Dienstleistung. Jemand will kaufen, jemand will verkaufen. Es gibt also Wall-Street-Firmen, die einen Haufen Leute sehen, die mit Kryptowährungen handeln wollen. Ich sehe es nicht als Zufall, dass die US-Regierung gerade Finance und Coinbase als zwei der größten Akteure aus dem Verkehr gezogen hat – vor allem Binance, denn sie sind komplett ausländisch.

Lukas Fiedler: Vielen Dank für das Interview!

Fazit

Hat Bitcoin also keinen Wert und keine Daseinsberechtigung? Nein – denn auch wenn Schiff Recht hat, dass Bitcoin im direkten Vergleich mit Gold vermutlich der schlechterer Store of Value ist, besitzt Bitcoin und die Blockchain anders als von ihm dargestellt doch einen Wert und Nutzen. Etwa bei weltweiten Transaktionen in Minuten – statt in Tagen mit horrenden Gebühren. Oder etwa als funktionierende Währungsalternative in Ländern mit instabilen politischen Systemen, denn durch die Dezentralität ist man unabhängig von Banken und Dritten. Deshalb sollte die Frage nicht lauten: Bitcoin oder Gold? Vielmehr haben beide Assets ihre Daseinsberechtigung. In welcher Form ein Investmentportfolio in der Praxis aufgebaut wird, ist dann von den individuellen Ansichten des Investors abhängig.