Artificial Realities: BMW x BAYC, Humxns und die Zukunft von NFT-Projekten – ein Besuch auf der ADC-Konferenz

Lukas Fiedler

08.11.2023 13:00

ADC Artificial RealitiesQuelle: Art Directors Club

Wie sehen die NFT-Projekte und das Metaverse der Zukunft aus? Wird die Technologie noch im Vordergrund stehen? Wie denken die großen Marken darüber nach? Wer sich mit diesen Fragen beschäftigt, darf nicht nur an den Events der Krypto-Szene teilnehmen, sondern muss über den Tellerrand hinwegblicken – genau hierzu war das ADC-Event in Düsseldorf am 6. November ideal. Was das Ganze mit BMW und dem BAYC zu tun hat und was es mit dem neuen Projekt Humxns auf sich hat, erklären wir im Folgenden.

Das Event des Art Director Club (kurz ADC) stand unter der Headline „Artificial Realities“ und fand in den Räumen der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf statt. Artificial Realities – das lässt auf das Metaverse schließen und somit sicherlich auch auf NFTs und Blockchain, das Publikum besteht allerdings hauptsächlich aus Kreativen, Agenturen und Künstlern. Trotzdem, zwei Web3-Experten sind gleich zu Beginn im Programm vermerkt: Vicktoria Klich vom w3.fund und Jürgen Alker, der bis vor kurzem noch bei Highsnobiety tätig war. Denn, und das muss man vorwegnehmen: Über NFTs und das Metaverse wird in Zukunft wohl weniger in der Krypto-Szene als im Kreativ-Bereich gesprochen werden. Weniger über die Technologie, mehr über die Umsetzung und Integration der Community.

Was ist Realität?

Zunächst muss aber eine wichtige Frage geklärt werden: Was ist eigentlich Realität? Dazu diskutiert Moderator und Schauspieler Uke Bosse gekonnt mit Dominik Erhard, dem leitenden Redakteur des Philosophie Magazins. „Es muss etwas geben, dass physisch messbar ist, Dinge müssen Konsequenzen haben und die Dinge müssen unabhängig von uns Menschen existieren – das ist Realität“, beantwortet Erhard die Frage. Anschließend geht es um die verschiedenen Hypes der letzten Jahre. „Es kann nur einen Hype geben, denn es gibt eine Hypeverdrängung in der Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit hat ein wahnsinniges Mitteilungsbedürfnis, aber keine Lust, sich mit etwas intensiver auseinanderzusetzen.“ In der Folge kann es schnell so aussehen, als wären Web3, das Metaverse und KI tote Themen. Doch die Realität sieht anders aus, denn im Hintergrund befassen sich viele weiterhin im Detail mit der Materie.



Menschen brauchen Vertrauen – KI braucht Gewissheit

Eine davon ist Vicktoria Klich, quasi die Außenministerin des Berliner w3.fund. Sie leitet genau mit dieser Frage ein: „Ist Web3 eigentlich tot?“. Natürlich nicht, deswegen geht es recht schnell um den Status quo. Was machen die großen Marken eigentlich noch in Web3? Ursprünglich ist das Ökosystem laut Klich um den Gedanken groß geworden, digitalen Besitz weiterzuentwickeln. Schließlich kann man mit NFTs digitalen Besitz recht einfach abbilden und den Handel von digitalen Gütern ermöglichen. Mittlerweile haben sich die großen Marken aber von einfachen NFT-Kampagnen wegentwickelt. „Niemand spricht mehr über Web3 und NFTs, es geht nur noch um Digital Collectibles“, fasst Jürgen Alker als nächster Speaker den aktuellen Stand des NFT-Winters zusammen. Vielmehr geht es um den Zusammenschluss von physischer und virtueller Welt, mit der Community im Zentrum. Dafür werden vermehrt Erlebnisse in den verschiedensten Metaverse-Welten gebaut, die natürlich nicht immer Blockchain-basiert sind: Roblox und Fortnite sind hier vermutlich die größten und bekanntesten Beispiele. Das NFT und die Blockchain rückt immer mehr in den Hintergrund und damit ändert sich natürlich auch die Berichterstattung. Es geht nicht mehr darum, wie welche Technologie eingesetzt, sondern wie die Community aktiviert und abgeholt wird. Weniger Tech, mehr individuelle Brand-Story – so sieht der NFT-Journalismus der Zukunft aus. Projekte wie Uptrip (Lufthansa), die Krypto-Briefmarke der Deutschen Post und der Verkauf der NFT-Lizenzrechte des DFB an Axel Springer machen besonders nach dem NFT-Crash neuen Mut.

Victoria Klich spricht auf der ADC-Konferenz

"Menschen brauchen Vertrauen, KI braucht Gewissheit!" – Victoria Klich

Ein Risiko allerdings verbleibt: Noch haben keine der Web3-Projekte ein wirklich ernstzunehmendes Geschäftsmodell, vielmehr handelt es sich noch um reines Brand-Building. Das könnte sich ändern, sobald Cookies von Drittanbietern gänzlich von den gängigen Browsern verboten werden. An die Stelle der Cookies könnte dann die Analyse von Wallets treten. Und auch der vermehrte Einsatz von KI kann einen neuen Blockchain-Aufschwung bedeuten. „Während Menschen lediglich Vertrauen benötigten, braucht künstliche Intelligenz Gewissheit“, so Klich. Diese Gewissheit über die Integrität von Daten kann durch die Blockchain-Technologie bereitgestellt werden.

BMW x Bored Ape Yacht Club

Ein weiteres Projekt, das die Herzen der Web3-Community höher schlagen lässt, ist die Kollaboration zwischen BMW und dem Bored Ape Yacht Club (BAYC). Beim Ape Fest vor Ort in Hongkong integrierte der Automobilkonzern aus München neben POAPs auch den brandneuen i5 in das Event. Die Bored Ape Halter konnten dann mit Hilfe eines Projektors ihren Ape auf das Auto projizieren. So entstand ein Auto als Kunstwerk, das es in der Realität zwar noch nicht als Sonderlackierung gibt, allerdings könnten Integrationen in das Hauseigene Metaverse der Bored Apes folgen. „Das Projekt war ein erster Schritt, jetzt werden wir überlegen, wie es weitergeht“, sagt Pia Schörner (Head of Digital Content Creation & BMW Metaverse bei BMW) dazu im Rahmen ihres Panels mit Antje Hundhausen (VP Brand Experience bei der Telekom) auf der ADC-Konferenz. Noch machen solche Projekte nur einen kleinen Teil des Marketing-Mix der großen Marken aus. Das Feedback aus der Community ist allerdings positiv – und so darf man vermuten, dass es bei BMW nicht nur bei vereinzelten Metaverse- und Web3-Kooperationen bleiben wird.

Pia Schörner (BMW) und Antje Hundhausen auf ihrem Panel bei der ADC-KonferenzQuelle: Lukas Fiedler
Pia Schörner (BMW) und Antje Hundhausen sprechen auf ihrem Panel bei der ADC-Konferenz über Brand-Building und die Betaverse-Kooperationen von BMW und der Telekom.

Humxn.xyz – eine Umgebung zur Erstellung von digitalen Avataren

Doch die vielleicht spannendste Präsentation des Tages kam von Shane Griffin, dem Co-Founder von Humxn.xyz. Griffin hat in der Vergangenheit Werbeclips für das neue Apple Mac Book Pro oder besagten BMW i5 erstellt und spricht auf der Bühne von der Schwierigkeit, digitale Avatare in Masse zu erstellen und auch zu animieren – für etwa digitale Werbevideos. Hier soll Humxn Abhilfe schaffen. Das Projekt ist eine Art Bausatz für digitale Avatare, mit einem besonderen Fokus auch auf Mode. In einer Art Editor können die Nutzer einen Charakter bis ins kleinste Detail designen: Brille, Haare, Gesichtsausdruck, Makeup, Outfit und noch vieles mehr lässt sich anpassen. Danach folgt die Pose und die Animation. Das Ergebnis ist so realistisch, dass sich laut Griffin ein Schauspieler, den er für einen Clip nachgebaut hatte, bei seinem Agenten erkundigte, wann er denn den Clip gedreht hatte – er könne sich nicht erinnern. Auch die Blockchain kommt bei Humxn zum Einsatz. Die Nutzer können in Zukunft Charaktere und damit den Zugang per NFT kaufen. Das jedenfalls ist die Idee, noch ist das Projekt nämlich noch nicht für die Öffentlichkeit verfügbar (lediglich die Registrierung für eine Allowlist wird angeboten). Der Erfolg des Projekts hängt davon ab, wie viral letztendlich einzelne mit Humxn erstellte Clips gehen werden.

Shane Griffin präsentiert das Humxn.xyz Projekt.Quelle: Lukas Fiedler
Shane Griffin präsentiert das Humxn.xyz Projekt.

Es hat gerade erst angefangen

Das ADC-Event hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, sich aus seiner eigenen Bubble herauszubewegen. Nicht nur, um neue Eindrücke zu erhalten oder neue Projekte kennenzulernen, sondern auch, um den Krypto-Winter gut durchzustehen. NFTs und das Metaverse sind nicht tot – sie sind nur in den Hintergrund getreten und selbstverständlicher geworden. Die Technologie allein reicht nicht mehr, um Nutzer anzuziehen. Deshalb kommt es jetzt auf Storytelling und eine geschickte Integration in andere Projekte an.