Pixel-Partys und Quests im World Wide Webb
Lukas Fiedler
17.07.2023 00:53

Die virtuelle Tür geht auf, und sofort hört man laute Musik. Thomas Webb alias Hack3r.eth legt grade in Teshimi auf, dem digitalen Club in seinem eigenen Metaverse. Zahlreiche Pixel-Avatare tanzen unter Discokugeln, die selbst limitierte NFTs sind und anwesenden Nutzern gehören. Die Avatare gehören zu NFT-Projekten wie „Larva Chads“, „CyberKongz“ oder „PxlFangster“ und repräsentieren echte Menschen in der Webb3-Welt. Willkommen im „World Wide Webb“ oder, in Kurzform: „Webb3“. Das World Wide Webb ist ein relativ neues Metaverse, das auf Pixel-Grafiken im Pokémon-Stil und Interoperabilität setzt. Besitzt man nämlich ein NFT aus einer in das Spiel integrierten Kollektion, so kann man dieses als Avatar oder Haustier ausrüsten und die Welt erkunden, eine Quest lösen oder eben auf einer digitalen Metaverse-Party feiern. Wie auch in anderen Metaverse-Welten gibt es auch im Webb3 Land, das man kaufen und in Zukunft für eigene Projekte oder Shops nutzen kann. Nur, dass es eben nicht um Land geht, sondern um virtuelle Apartments, die es hier in vier verschiedenen Größen gibt.
Webb selbst lebt in London, er trat bei America Got Talent als Magier auf, hatte bereits seinen eigenen digitalen Radiosender „Filth.FM“, ist Studienabbrecher und Programmierer von Spielen und einer digitalen Galerie. Oftmals arbeitet er mehr als 18 Stunden am Tag an seiner Vision des Metaverse, Onlinecommunitys faszinieren ihn. Wir sprechen digital mit ihm über seine Arbeit und darüber, was sein Metaverse auszeichnet.
Blockmagazin: Herr Webb, vor dem Webb3 als Metaverse haben Sie ein Konzept mit derselben 2-D-Grafik für eine Onlineausstellung der Galerie König in Berlin gebaut. Wie kommt man zu solchen Projekten und wie entsteht daraus die Idee für ein Metaverse?
Thomas Webb: Es gibt Interviews von mir aus 2017, in denen ich über das Metaverse spreche – ich wollte schon immer ein Teil davon werden, weil ich der Ansicht war, dass sich die Dinge unweigerlich in diese Richtung entwickeln würden. Mein erster Kontakt mit der Krypto-Branche war etwa vor sechs Jahren, damals hatte ich aber keine Mittel, die ich investieren konnte. Mit dem ICO-Hype habe ich mich dann näher mit der Branche beschäftigt. Als dann 2019 Corona kam, war für mich klar, dass erst mal alles in naher Zukunft online passieren würde – auch die Ausstellungen der Galerien. Deshalb habe ich quasi sofort angefangen, eine Ausstellung auf Basis eines MultiplayerRollenspiels zu bauen. Die Idee war, dass die Besucher die Ausstellung digital in dieser Welt besuchen und zusätzlich auch eine Quest lösen können. Das Spiel lief ganz einfach im Browser, und ich habe es so aufgebaut, dass das ganze Spiel mit nur wenigen Megabyte Speicherplatz auskam. Damals hatte ich aber noch wirklich wenig Ahnung von NFTs. Das hat sich dann mit der Zeit geändert, und ich habe beobachtet, wie der NFT-Markt immer größer wurde. Das führte bei mir Anfang letzten Jahres zu der Entscheidung, eine NFT-Kollektion zu entwickeln, bei der die NFTs als Avatare im Spiel benutzt werden können. Die NFTs sollen nicht nur Kunst oder Geld sein, sondern auch eine interaktive Komponente haben. Dann hat Facebook angekündigt, sich in Meta umzubenennen und ein Metaverse aufzubauen. Das hat mir die Augen geöffnet, und ich wusste, dass sich das Projekt in diese Richtung entwickeln muss.
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Blockmagazin: Was ist die Vision hinter dem World Wide Webb und wieso ist die Interoperabilität so wichtig?
Thomas Webb: Das World Wide Webb, auch Webb3 genannt, ist ein interoperables Metaverse, und ich verwende den Begriff Metaverse dabei in dem Sinne, dass es ein Raum ist, in dem Menschen neue Kontakte knüpfen und miteinander interagieren, aber auch Spiele spielen können. Dazu kommt noch die Möglichkeit, eigene Spiele und Erfahrungen zu schaffen und zu programmieren. Meta spricht immer über all die Interoperabilität und wie offen das Metaverse doch werden wird. Dabei ist ihre Vision limitiert, und das gefällt mir nicht. Wir haben viele verschiedene Social-Media-Identitäten, auch abseits von Facebook, Instagram und Whatsapp – warum sollte man die nicht auch mit in das Metaverse bringen können? Mir geht es darum, einen Ort zu schaffen, an dem alle Menschen sie selbst sein können und der technisch gesehen komplett offen ist. Das Einfachste, was ich gegen diese Limitierungen tun konnte, war, etwas selbst zu bauen und zu hoffen, dass es den Menschen gefällt und dass sie es benutzen. Und das tun sie! Es ist extrem cool, wie viele meine Vision eines interoperablen Metaverse teilen.
Im Web 2.0 benutzen wir Apps, um unsere eigenen Inhalte zu erstellen und zu hosten. Das Metaverse ist eine Videospiel-ähnliche Umgebung für genau diese Dinge. Wir als World Wide WebbTeam entwickeln die Werkzeuge und Integrationen, damit alle alles bauen können, was sie wollen, und sich genauso darstellen können, wie sie wollen. Am Anfang war das Webb3 nur ein digitaler, dezentraler Raum, in dem man sich mit seinem NFT als Avatar und seinem ENSNamen bewegen konnte. Mittlerweile hat sich das Ganze weiterentwickelt in eine digitale Welt, in der wir mit anderen NFT-Kollektionen zusammen an Events und Spielen arbeiten und auch Partys feiern. Es werden manchmal Witze gemacht über sogenannte „MetaverseRaves“ – davon sind wir tatsächlich gar nicht so weit entfernt, wenn man sich ansieht, wie viele Nutzer in Teshimi (dem Club von Webb3, A. d. R.) feiern, wenn ich auflege.
Blockmagazin: Andere MetaverseProjekte entwerfen eine detaillierte 3-D-Welt. Warum verwendet das Webb3 2-D Pixel-Grafik?
Thomas Webb: Es ist momentan einfach technisch noch nicht möglich, dass Tausende Spieler gleichzeitig in einem 3-D-Raum herumlaufen. Vielleicht ist das mit einer Playstation 5 machbar, aber nicht mit einem Browser als Grundlage. Spiele wie Fortnite lassen meist nicht mehr als 100 Spieler gleichzeitig in einer Lobby spielen. Die Verwendung von Pixel-Grafik ermöglicht es uns zu skalieren, weil der Verbrauch von Ressourcen wie Speicherplatz und RAM so gering ist. Dadurch kann man das World Wide Webb beispielsweise auch über das Handy betreten. Das ist auch noch nicht die perfekte Lösung, weshalb wir in Zukunft auch eine eigene App entwickeln wollen. Neben dem Ressourcenfaktor spielen natürlich auch die Kosten eine Rolle. Eine komplette 3D-Welt zu entwickeln und zu programmieren kostet extrem viel Geld. Momentan haben wir ein Team aus 20 Entwicklern und drei Grafikdesignern, und wir können neue Welten sehr einfach und schnell umsetzen. Dadurch können wir uns primär auf neue Spiele und coole Features konzentrieren, die den Spielern dann das gewollte Gameplay geben. Dass Spiele nicht unbedingt eine herausragende Grafik benötigen, um erfolgreich zu sein, zeigt, denke ich, Among Us sehr gut.

Blockmagazin: Langfristig soll es die Möglichkeit geben, eigene Quests zu erstellen und ein eigenes Business im Metaverse aufzubauen. Wie steht es um die Roadmap?
Thomas Webb: Vor Kurzem haben wir den Apartment-Builder herausgebracht, mit dem die Halter der verschiedenen Apartment-NFTs diese einrichten und designen können. Als Nächstes werden wir weitere Integrationen vornehmen, mit denen man dann sein Apartment benutzen kann – für Partys, eigene Quests oder als Geschäft innerhalb des World Wide Webb-Ökosystems. Dazu machen wir uns gerade Gedanken, wie wir am besten einen eigenen Token kreieren können und welche Spezifikationen dieser haben soll. Das braucht etwas Zeit, weil es hier wichtig ist zu verhindern, dass das ein Pump-and-Dump-Token wird. Es wird ein Wirtschaftskreislauf ähnlich dem in MMORPG-Spielen (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game, A. d. R.) werden. Ich habe eine Vision und es wird, denke ich, ein bis zwei Jahre dauern, bis wir da sind. Wir sind in einem neuen Umfeld ganz vorne mit dabei, da ist es wichtig, dass man seine Pläne schnell anpassen kann. Die Community spielt dabei eine zentrale Rolle: Wir programmieren neue Features, die die Community möchte, schalten sie live und analysieren dann. Wir bekommen extrem viel Feedback, da gibt es natürlich auch einige Konflikte und gegensätzliche Meinungen. Welche Fragen stellen die Nutzer, worüber sind sie verärgert, was finden sie gut? Wie können wir die Probleme beheben? Ich denke tatsächlich, dass wir alle Probleme lösen können, um so zu zeigen, dass bei Web3 oder Blockchain-basierten Spielen nicht immer das Geldverdienen im Vordergrund stehen muss. Es könnte um digitalen Besitz gehen, um Freiheit, um Spaß. Darum, dass die in ein Spiel investierte Zeit nicht von einer zentralen Firma kontrolliert wird. Das ist übrigens auch mit ein Grund, wieso Ethereum entwickelt wurde. Als Blizzard, der World of Warcraft-Entwickler, seinen LieblingsCharakter abschwächte, wurden Vitalik Buterin die Nachteile von zentralisierten Anwendungen bewusst. Ich habe selbst World of Warcraft gespielt und verstehe ihn da nur zu gut. Das Metaverse soll ein Ort zum Abhängen mit Freunden sein und gleichzeitig auch eine Sandbox, in der man einen Klick von einem Spiel, Musik oder einem Event entfernt ist. Das wollen wir bauen.
Blockmagazin: Interoperabilität mit anderen Welten ist ein zentraler Punkt in Ihrer Vision. Gleichzeitig setzt das World Wide Webb3 aber bewusst auf einfache Pixel-Grafik, anders als manche andere Metaversen, die in 3-D laufen. Wie passt das zusammen?
Thomas Webb: Das ist tatsächlich ein Punkt, über den wir uns gerade Gedanken machen: Wie können wir verschiedene Metaverse-Welten miteinander verbinden. Andere Projekte machen das schon, und wir überlegen auch, wie wir das am besten umsetzen können. Wenn ein Spieler in beiden Welten eingeloggt ist, reicht hier zum Beispiel ein einfaches Portal. Unser Developer-Kit, an dem wir arbeiten und mit dem Nutzer dann selber Erlebnisse und Spiele bauen können, wird aber zunächst keine 3-D-Funktionalität anbieten, sondern mit der Pixel-Grafik arbeiten. Anstatt mit den fortgeschrittenen Game-Engines zu konkurrieren, wollen wir uns auf die Funktionalitäten konzentrieren und auf anderen Plattformen wie Playstation, Xbox, Nintendo, iOS oder Android verfügbar sein. Das ist für uns relativ einfach umsetzbar. Trotzdem sehen wir uns natürlich auch 3-D-Optionen an, ich bin schließlich auch ein großer Augmented-Reality-Fan. Da sind Änderungen in Zukunft auch nicht ausgeschlossen, vor allem, weil die FrontEnd-Game-Engine auch einfach ausgetauscht werden kann. Man muss auch einfach sagen, dass bis jetzt eher wenige 3-D-NFT-Projekte erfolgreich waren, es gibt viel mehr 2-Dund PixelNFTs. Dazu kommt, das Standards benötigt werden, um die Integration einfacher zu machen. Durch den Fokus auf die Interoperabilität können wir aktuell ganz einfach weitere Projekte hinzufügen und integrieren. Dadurch gibt es schon mehr als eine Million NFT-Avatare für das World Wide Webb aus unterschiedlichen NFT-Kollektionen.
Blockmagazin: Wie finanziert man überhaupt die Entwicklung von einem Metaverse? Durch den Verkauf der Apartments wurde initial Geld eingenommen, dazu kommen jetzt die Anteile am Handelsvolumen der Apartment-NFTs auf OpenSea – reicht das für ein so großes Projekt?
Thomas Webb: Kurz gesagt: Ja! Ich habe das Projekt bis zum Verkauf der Apartments selbst finanziert. Zusätzlich zu den Einnahmen aus dem Verkauf bekommen wir 5 Prozent des Handelsvolumen auf OpenSea. Ich finde die Idee cool, dass ein gewisser Prozentsatz der Handelsgebühren in einem Spiel an die Entwickler geht und so einen Großteil der Arbeit finanziert. Durch die Einnahmen aus dem Handel auf OpenSea sind wir für die kommenden Jahre gut aufgestellt. Das ist auch das Schöne: Je besser wir arbeiten, desto mehr Spieler wird es geben und dadurch vermutlich auch mehr Volumen, was wiederum unsere Einnahmen steigert. Möchte ich noch stärker und schneller wachsen? Auf jeden Fall! Deshalb konzentriere ich mich, wie bereits erwähnt, darauf, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen und der Community die richtigen Spiele und das richtige Metaverse liefern.
Blockmagazin: Vielen Dank für das Interview!