Trotz 97% Wertverlust: warum ich erneut in Krypto investierte
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13.11.2023 15:55

Im Jahr 2017 machte Stefan (38) den ersten Krypto-Bullrun mit. Er investierte einige tausend Euro in einen Privacy Coin - sein Portfolio stieg um mehr als das 30-Fache. Doch weil er zu lange auf die „Community“ hörte, verkaufte er die Coins nicht und sein Portfolio verlor 97% des Werts. Warum Stefan dennoch an Krypto glaubt und wieso er kürzlich zum Tiefststand 15.000 USD pro Bitcoin wieder einstieg – ein Interview.
Blockmagazin: Stefan, wie bist du überhaupt erstmals mit Krypto in Kontakt gekommen?
Stefan: Durch meinen südkoreanischen Klavierlehrer, kam ich 2017 erstmals mit Krypto in Kontakt. Er hat mir erzählt, dass man in der Krypto-Szene Gewinn nicht in Prozent ausdrückt, sondern in Vielfachen. Damals ging der erste Bullrun los und er hatte Verbindungen zu Profi-Tradern nach Südkorea, von dort kamen die Tipps. In der wöchentlichen Stunde beim Unterricht, hat er dann erzählt, welche Coins jetzt gerade Potential haben. Und das ist dann tatsächlich ziemlich oft so eingetreten. Er hatte damals schon einen Haufen Geld gemacht und natürlich wollte ich dann mitmachen und dabei sein.
Blockmagazin: Mit welchem Coin bist du gestartet?
Stefan: Verge (XVG). Das war der erste Coin überhaupt, in den ich rein bin. Der hatte damals schon einen unfassbaren Pump hingelegt: von 0,0002 auf 0,007, also das 35-fache. An dem Punkt habe ich dann gekauft, gleich vierstellig, und es ging in wenigen Wochen nochmal um das über 30-fache weiter rauf. Jeden Morgen war irgendwie viel mehr Geld auf dem Trading Konto – das war für mich unfassbar. Ich hatte parallel auch noch ein paar 100 Euro in zwei oder drei andere Coins gesetzt. Aber das war dann plötzlich nur noch Nebenkriegsschauplatz.
Blockmagazin: Wie hat sich die Kursexplosion angefühlt?
Stefan: Es hat sich extrem surreal angefühlt. Nachdem man vorher mit Investments konfrontiert war, die im Jahr vielleicht maximal 7-8% abgeworfen haben, wurden aus 3.000 Euro über Nacht plötzlich 10.000 Euro. Eine Nacht später standen mein Portfolio bei 20.000 Euro. Es war aber nicht nur Freude mit dem Kursanstieg verbunden, sondern auch eine eine ziemliche emotionale Überforderung. Ich saß einfach sprachlos davor, wusste gar nicht genau, was da passierte.
Blockmagazin: Der Kurs ging dann ziemlich schnell wieder auf Talfahrt, was hast du gemacht?
Stefan: Nichts. Ich habe alles wieder verloren und noch mehr.
Blockmagazin: Warum hast du nicht verkauft?
Stefan: Das lässt sich ehrlich gesagt mit keiner Rationalität dieser Welt erklären. Die Entwickler des Coins und die Community drum herum waren aktiv auf Social Media: Als der Coin bei 28 oder 29 Cent ankam, waren sich alle sicher, dass er bei 50 Cent endet - aus welchen völlig irrationalen Gründen auch immer. Ich habe mich diesem Glauben angeschlossen und habe mir gesagt, bei 50 Cent verkaufst du dann alles. Ohne jegliche Grundlage. Der Glaube war so hoch, dass das, was die ganze Community da vorhergesehen hat, doch noch eintritt. Wenn man noch ein bisschen länger wartet. Es geht ein bisschen runter und danach kommt der echte Kursanstieg – das erholt sich wieder! Dieser Glaube war immer da in der Community. Aber am Ende ging es einfach nur runter. Es war ein klassischer Pump and Dump.
Blockmagazin: Was hast du am Ende mit dem Coin gemacht?
Stefan: Ich habe das Ding tatsächlich noch ein paar Jahre behalten. Irgendwann habe ich dann auch aufgehört zu nachzusehen. Tatsächlich kam aber irgendwann wieder ein kleiner Anstieg und ich habe den Coin dann nahezu ohne Verluste abgestoßen.
Blockmagazin: Hattest du dich vorher mit dem Coin beschäftigt? Oder war es reine Spekulation?
Stefan: Beides. Ich finde nicht, dass sich das ausschließt. Ich hatte das schon zu Ende recherchiert. Es war einer dieser Privacy Coins bei dem Infos zu Absender, Empfänger und Betrag nicht in der öffentlichen Blockchain nachvollziehbar sind. Die Privatsphäre, die dieser Coin ermöglicht hat, hat mich fasziniert. Aber das Team, das dahinterstand, war vielleicht nicht ganz einwandfrei. Es gab einige Entwickler, denen nachgesagt wurde, sie seien nicht ganz seriös. Aber der Coin hat sich trotzdem in der Masse irgendwie durchgesetzt und ist letztendlich im Ranking der Marktkapitalisierung bis auf Platz 8 vorgesprungen.
Blockmagazin: Und trotzdem war es pure Spekulation? Reine Gier?
Stefan: Ja, doch. Also es gibt den Coin immer noch. Die Erfinder sind keine Kriminelle, die Technologie gibt es. Und es war mir irgendwie auch klar, dass ein Kursanstieg um das 1000-fache in kurzer Zeit nihct nachhaltig sein kann. Es gibt neue Projekte und Coins, die irgendeine Funktionalität haben und dafür von der Community gefeiert werden. Ein Jahr später denken die gleichen Leute dann: den Schrott brauchen wir nicht mehr. Genauso ist das mit diesen Privacy Coins - es gibt heute über 100 davon. Das gilt ja auch außerhalb von Krypto für Technologie allgemein, Myspace und StudiVZ waren auch mal groß.
Blockmagazin: Würdest du sagen, es war ein Fehler, auf deinen Klavierlehrer zu hören? Es gibt ja Börsen, die haben Social-Trading zu ihrem Geschäftsmodell gemacht.
Stefan: Ich würde keine Copy-Cat-Investments mehr machen. Es verleitet dazu, sich inhaltlich weniger mit den Coins auseinanderzusetzen – die eigene Recherche ist aber durch nichts zu ersetzen. Zudem neigt man bei Trades, die zu Verlusten führen, dazu, die Verantwortung für sein Handeln abzugeben. Heute glaube ich, dass der Bullrun von XVG reines Glück war und nur wenig mit dem Wissen meines Musiklehrers zu tun hatte.
Blockmagazin: Wie ging deine Krypto-Reise weiter?
Stefan: Als es dann abwärts ging mit den Kursen, begann ich, „große“ Kryptowährungen wie etwa Bitcoin zu kaufen. Zum Glück habe ich nicht das Allzeithoch gekauft, sondern irgendwo mittendrin angefangen. Mit dem Beginn des Krypto Winters habe ich mich, wie gesagt, tatsächlich zwei oder drei Jahre gar nicht mehr für das Thema interessiert.
Blockmagazin: Warum?
Stefan: Naja, ich hatte vorher diesen Wahnsinns emotionalen Run und plötzlich war das ganze Thema einfach tot. Die Preise haben das damals widergespiegelt. Ich dachte, meine ganzen Investments sowieso nichts wert, also lasse ich die einfach liegen. Mit Verlust zu verkaufen kam für mich nicht in Frage. Das habe ich bis zum nächsten Bull Run 2021 durchgezogen.
Blockmagazin: Und dann hast du dich plötzlich wieder für Krypto interessiert?
Stefan: Wenn die Stimmung in der Community dreht und die Presse plötzlich wieder gut über Krypto schreibt, ist auf einmal wieder alles möglich. Und ja, dann habe ich mich auch wieder mehr und mehr für Krypto interessiert und wieder angefangen, weiter zu investieren.
Blockmagazin: Bist du heute immer noch von den verschiedenen Stimmungen bei Krypto getrieben?
Stefan: Nein, aber es hat auch lange genug gedauert, diese Achterbahn aus Gier und Angst zu überwinden. Nach dem letzten Bullrun habe ich es zum ersten Mal geschafft, antizyklisch zu investieren und habe Ende 2022 Bitcoin bei 15.000 Euro gekauft. Seitdem hat der Kurs bekanntlich über 100% zugelegt.
Blockmagazin: Wie kann man dem Karussell aus Gier- und Angst-Karussell entkommen? Und wie kann man sich dazu bringen, wenn niemand anderes Lust auf Krypto hat, doch zu investieren?
Stefan: Erfahrung. Meiner Meinung nach muss man diese riesigen Fehler einmal selbst mitgemacht haben. Vielleicht sogar mehrmals. Auch das Alter könnte denke ich etwas ausmachen, denn in jüngeren Jahren ist man von Natur aus emotionaler.
Blockmagazin: Für viele Beginner ist der erste große Fehler, auch schon das Ende ihres Krypto-Interesses. Wie kommt man zurück?
Stefan: Bildung! Mir hat es geholfen, dass ich mich auch inhaltlich damit beschäftigt habe. Früher habe ich das Thema rein aus der Investment-Perspektive betrachtet. Heute denke ich, dass Bitcoin auch in der Realwirtschaft weltweit ein riesiges Thema werden wird.
Blockmagazin: Mit der FTX-Pleite gab es auch viel Unsicherheit gegenüber den Brokern und Börsen am Markt. Mit welcher Krypto-Plattform arbeitest du?
Stefan: Coinbase. Der Konsens von den Leuten, die ich kenne, ist das Vertrauen und die Reputation dank der BaFin-Regulierung. Dazu kommt, was man in den Fachmedien liest und dass Coinbase wahrscheinlich der Verwahrer für die hoffentlich bald kommenden Bitcoin-ETFs wird. In der Summe denke ich, dass es keine Börse gibt, die vertrauenswürdiger ist als Coinbase.
Blockmagazin: Welche anderen Börsen hast du mal ausprobiert?
Stefan: Den Privacy Coin und andere Altcoins habe ich 2017 mit Bittrex und Bitfinex gekauft. Damals habe ich auf Coinbase nur Bitcoin gekauft, um diese dann auf den anderen Börsen in Altcoins umzutauschen, die es auf Coinbase nicht gab. Heute nutze ich nur noch Coinbase. Auch Binance habe ich mal ausprobiert, aber ich finde die Nutzeroberfläche schlecht und für mich fast unbedienbar. Bei Coinbase ist alles viel einfacher dargestellt und dokumentiert – das ist für mich das Geld wert.
Blockmagazin: Was sind deine abschließenden Worte?
Stefan: Warren Buffet sagte einmal: „Sei gierig, wenn andere ängstlich sind, und ängstlich, wenn andere gierig sind.“ Für mich heißt das, dass man genau dann in Bitcoin investieren sollte, wenn jeder sagt, dass Bitcoin tot ist. Das habe ich mir zu Herzen genommen. Außerdem sollte man den Langzeit-Hodlern zuhören und an die ganze Sache auch glauben!
Blockmagazin: Vielen Dank für deine Zeit!